BMF: Pauschaler Verlustrücktrag 2020 und Fristverlängerungen bei Lohnsteuer-Anmeldungen
BMF: Pauschaler Verlustrücktrag 2020 und Fristverlängerungen bei Lohnsteuer-Anmeldungen
Um die von den Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19/SARS-CoV-2) wirtschaftlich betroffenen Unternehmen zu unterstützen, hat die Bundesregierung in den letzten Wochen zahlreiche steuerliche Hilfsmaßnahmen auf den Weg gebracht, die von dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) sukzessive umgesetzt werden. Mit Schreiben vom 23.04.2020 und 24.04.2020 hat das BMF nunmehr folgende weitere Hilfsmaßnahmen verabschiedet:
Diese Maßnahmen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Unternehmen, die im Veranlagungszeitraum 2020 einen Verlust erzielen, können diesen Verlust bis zur Höhe von 1 Million EUR (bzw. 2 Millionen EUR bei Zusammenveranlagung) für Zwecke der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer in den Veranlagungszeitraum 2019 zurücktragen. Hierdurch kann der Verlust mit etwaigen Gewinnen für 2019 verrechnet und die Steuerbelastung entsprechend reduziert werden. Sofern bereits (Voraus-) Zahlungen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer für 2019 geleistet wurden, werden diese in der Folge erstattet. Ein Rücktrag für Zwecke der Gewerbesteuer ist nicht möglich.
Die Veranlagung zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für 2019 ist derzeit regelmäßig noch nicht erfolgt. Gleichwohl haben zahlreiche Unternehmen bereits Vorauszahlungen zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für 2019 (nachfolgend die „Vorauszahlungen 2019“) geleistet. In vielen Fällen ist jedoch zu erwarten, dass die betreffenden Unternehmen infolge der Corona-Krise (erhebliche) Verluste in 2020 erzielen werden, die bei einer künftigen Veranlagung zu einem Verlustrücktrag und damit zu einer Erstattung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer für 2019 führen werden.
Die Erstattung der Vorauszahlungen 2019 vor Abschluss der Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 wird regemäßig daran scheitern, dass die Verluste für 2020 sich derzeit nur schwer hinreichend prognostizieren lassen. Um die Liquidität der betroffenen Unternehmen zu stärken, können die Vorauszahlungen 2019 nach dem BMF-Schreiben vom 24.04.2020 nunmehr auf Grundlage eines lediglich pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 ab sofort unter den folgenden Voraussetzungen vereinfacht herabgesetzt und erstattet werden:
1. Antrag: Die Herabsetzung und Erstattung der Vorauszahlungen 2019 erfolgt nur auf Antrag. Dieser ist schriftlich oder elektronisch beim zuständigen Finanzamt zu stellen und kann mit dem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 verbunden werden.
2. Antragsberechtigung: Antragsberechtigt sind grds. sämtliche Unternehmer, die „Gewinneinkünfte“ (d.h. insbesondere „gewerbliche Einkünfte“) oder Einkünfte aus „Vermietung und Verpachtung“ erzielen.
3. Unmittelbare Betroffenheit: Der Antragsteller muss von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein. Damit gelten grundsätzlich auch hier die gleichen Voraussetzungen wie für die Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 (lesen Sie hierzu auch unseren Client Alert vom 19.03.2020). Der Nachweis gilt als erbracht, wenn (i) die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden und (ii) der Steuerpflichtige versichert, dass er für den Veranlagungszeitraum 2020 aufgrund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte erwartet.
4. Höhe des pauschal ermittelten Verlustrücktrags: Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15% der Einkünfte, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 zugrunde gelegt wurden (maximal aber 1 Millon EUR bzw. 2 Millionen EUR bei Zusammenveranlagung). Sofern der betreffende Steuerschuldner der Körperschaftsteuer unterliegt, führt der pauschal ermittelte Verlustrücktrag damit grds. zur vollständigen – jedoch auf maximal 150.000 EUR beschränkten – Erstattung der Vorauszahlungen 2019.
5. Künftige Veranlagung: Der pauschale Verlustrücktrag wird im Rahmen der künftigen Veranlagung zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 wie folgt berücksichtigt:
a. Veranlagung 2019: In der Veranlagung 2019 kann der Verlust für 2020 (noch) nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Ein solcher Verlustrücktrag kommt erst nach entsprechender Veranlagung für 2020 in Betracht. Bis dahin muss die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für 2019 zunächst in voller Höhe (ohne Berücksichtigung) des Verlustrücktrags festgesetzt werden. Soweit dem Steuerpflichtigen zuvor auf Grundlage des pauschalen Verlustrücktrags die Vorauszahlungen 2019 erstattet wurden, wird sich regelmäßig (zunächst) eine Nachzahlung ergeben.
Nach dem BMF wird diese Nachzahlung allerdings grundsätzlich bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids 2020 zinslos gestundet. Voraussetzung hierfür ist, dass der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärungen 2019 auch weiterhin von nicht unerheblichen Verlusten für 2020 ausgeht.
b. Veranlagung 2020: Soweit der tatsächliche Verlust niedriger ausfallen sollte, als dies im Rahmen des pauschalen Verlustrücktrags angenommen wurde und somit den Gewinn für 2019 nicht vollständig ausgleichen kann, ist die bislang gestundete Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids für 2020 zu entrichten.
In zeitlicher Hinsicht stellt sich die Rechtslage damit wie folgt dar:
Zur Erläuterung der Regelungen enthält das BMF-Schreiben auch ein Rechenbeispiel, von dessen Darstellung vorliegend abgesehen wird.
Durch die Corona-Pandemie sind viele Arbeitergeber derzeit daran gehindert, die monatlichen oder vierteljährlichen Lohnsteuer-Anmeldungen fristgerecht abzugeben.
Mit Schreiben vom 23.04.2020 wird betroffenen Arbeitgebern nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, die entsprechende Abgabefrist im Einzelfall auf Antrag nach § 109 Absatz 1 AO zu verlängern.
Voraussetzung für die Fristverlängerung ist der Nachweis, dass (i) der Arbeitgeber selbst oder (ii) der mit der Lohnbuchhaltung und Lohnsteuer-Anmeldung Beauftragte nachweislich unverschuldet daran gehindert ist, die Lohnsteuer-Anmeldungen pünktlich zu übermitteln. Die Fristverlängerung darf maximal 2 Monate betragen.
Das BMF äußert sich nicht explizit zur Möglichkeit einer „rückwirkenden“ Fristverlängerung für bereits abgelaufene Fristen. Über den allgemeinen Verweis des BMF auf § 109 Absatz 1 AO sollte allerdings bei entsprechender Begründung grundsätzlich auch eine rückwirkende Fristverlängerung gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2 AO möglich sein.
Mit den beiden Schreiben hat das BMF weitere Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen erlassen. Die Maßnahmen sind sicherlich zu begrüßen. Allerdings führen die bestehenden gesetzlichen Restriktionen beim Verlustrücktrag (1 Millionen EUR bzw. 2 Millionen EUR bei Zusammenveranlagung) dazu, dass die Herabsetzung und Erstattung der Vorauszahlungen 2019 auf maximal 150.000 EUR bzw. 300.000 EUR beschränkt ist. Um die Liquidität der betroffenen Unternehmen weiter zu verstärken, wird daher bereits diskutiert, die Möglichkeiten zum Verlustrücktrag auszuweiten. Ob und in welchem Umfang sich hier Änderungen ergeben werden, bleibt abzuwarten. Nachdem das BMF nunmehr die Fristverlängerung bei Lohnsteuer-Anmeldungen geregelt hat, ist zu erwarten, dass zeitnah ebenfalls entsprechende Fristverlängerungen für Umsatzsteuervoranmeldungen gewährt werden.
Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten.